Familienaufstellungen – wieso „beschränke“ ich bisher meine Arbeit darauf? Ein Coming Out.
Seit ich vor etwas mehr als einem Jahr begonnen habe, mich mit meiner Aufstellungsarbeit zu zeigen, traten immer wieder Menschen an mich heran, die fragten, ob ich auch allein mit ihnen ‚arbeiten‘ würde. Von Anfang an gab es dieses intuitive Zögern zu einem JA in mir, das über Zeit eher größer und dessen Ursache klarer wurde:
Momentan sehe ich für mich kein kraftvolleres Tool, das mir zur Verfügung stünde, als eben jene Arbeit mit einer Gruppe von Stellvertretern. Darin bringe ich derzeit ALLES ein, was ICH mit meinen individuellen Gaben lernte im therapeutischen Bereich geben zu können. Und das ist mehr als auf den ersten Blick sichtbar sein mag. Mehr als das empathische und umsichtige Erfragen dessen, was in den Stellvertretern vor sich geht, das klare Initiieren von Bewegungen und lösenden Sätzen, das Führen der Vorgänge im Feld als Aufstellungsleiterin.
Nach intensiven Jahren der sogenannten ‚Selbsterfahrung‘ mithilfe unterschiedlichster Methoden, Ausbildungen und Lehrer, von ‚konventioneller‘ Psychotherapie bis hin zu hochspirituellen Begleitern, wichen nach und nach die Widerstände gegen das, was zumindest Teil meiner Berufung zu sein scheint: die Gabe, auf eine bestimmte Weise „Heilung“ zu unterstützen, die über das ‚Halten des Raumes‘, in dem sich der Klient frei(er) entfalten darf – eine Beschreibung, die momentan sehr geläufig ist – hinausgeht.
Eine mir vertraute solch therapeutisch-spirituelle Begleiterin mit großer Authentizität, sehr viel Lebenserfahrung und inzwischen hohem Alter, fragte ich einmal in einer sehr verzweifelten Verfassung: „Woher hast du gewusst, dass der Weg, den du im Hinblick auf deine Tätigkeit einschlugst, der richtige war?“ Ihre Antwort werde ich nie vergessen: „Ich wusste es, weil zunächst soviel innerer Widerstand dagegen in mir war.“
Widerstand und ANGST VOR DER EIGENEN GRÖßE – beides spürte ich zutiefst.
Was waren die Gründe für meinen Widerstand?
Nun, zunächst war es eine große Skepsis gegenüber Esoterik und Spiritualität, wie ich sie in meiner Kindheit und Jugend der 80er/ 90er im Umfeld der DDR-Alternativszene und Nachwende-Zeit im Osten erlebt hatte. Darin fehlten mir Bodenständigkeit, Erdung und Logik, Realitätssinn. Gleichzeitig faszinierten mich viele der Fragen, die darin gestellt wurden, deren Tiefe und Ganzheitlichkeit. Mein Leben führte mich nach dem Abitur dann zunächst auf ganz andere, geisteswissenschaftliche Wege, wobei es immer wieder Berührungspunkte mit esoterisch aufgeschlosseneren Dozenten, Kommilitonen und später Kollegen gab. Über etliche Jahre war wirklich wenig persönliches Leid in meiner Welt. Und trotzdem zog es mich während meines Literaturstudiums beständig zur kognitiven Auseinandersetzung mit Psychologie, Psychoanalyse, Buddhismus, Philosophie. Später kamen alternativ-pädagogische Konzepte und deren versuchte Umsetzung als Lehrerin an freien Schulen hinzu.
Irgendwann schlug ‚das Schicksal‘ und/ oder die Summe meiner Entscheidungen herb zu und schickte mich in ein sehr tiefes und dunkles Tal der Tränen und des Schmerzes. Genau dort begann die konkrete, erlebte, durchfühlte, verkörperte Auseinandersetzung mit all dem, was mir mental und in der Begleitung von Freunden bereits vertraut gewesen war. Wovon ich wusste, dass es existiert, durfte ich nun in der eigenen Erfahrung spüren – im Schlimmsten und im Schönsten. Schlussendlich führten all diese Ereignisse zu einer extremen VERTIEFUNG meiner Persönlichkeit, das ist das Wort, das mir kommt. Meine natürliche Fröhlichkeit, Wärme, Inspiriertheit und Extrovertiertheit gewann an Komplexität und Wissen über die komplementären Zustände jener, die mir über einen langen Zeitraum am vertrautesten gewesen waren. Niedergeschlagenheit, Abgeschnittenheit, Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit, Rückzug, Leere und Sinnlosigkeit. Besonders die Erfahrung des Kontrastes zu dem, was vorher da war, zermürbte mich.
Und so begab ich mich auf die Suche nach Unterstützung. Im Mediziner-Milieu aufgewachsen, wusste ich, wo diese zu finden war. Freunde gaben mir Hinweise, es gab wenige Hemmungen in mir, denen nachzugehen. Die Belastung, der Leidensdruck war groß. Das Ziel fühlte sich recht klar an. Die Liebe zu meinen kleinen Kinder, für die ich damals allein sorgte, motivierte mich zusätzlich.
So lernte ich verschiedenste psychotherapeutische Ansätze kennen, später auch etliche alternativ-spirituelle. Und was spürte ich? Enttäuschung. Gesprächstherapie war für mich nicht viel eindrucksvoller als eine tiefgehende Unterhaltung mit einem Freund, der kluge Fragen stellte und verstand zuzuhören. Die Bücher, die mich über meine Herausforderungen aufklärten, empfand ich als hilfreicher als Therapeuten, die mir nicht viel mehr als das entlockten, was mir nach all meiner Beschäftigung mit mir selbst ohnehin bewusst war. Spezifischere (auch alternative) Schritt-für-Schritt-Methoden hatten immer etwas gewolltes, angestrengtes für mich und keine Nachhaltigkeit im Erleben. Ich ’suchte‘ den Weg ins Unbewusste und die Transformation. Mir war klar, dort ist der eigentliche ‚Schatz‘ zu heben. Und ich wollte keine jahrelange Analyse.
Dann entdeckte ich das Familienstellen. Die Methode lag nahe, da die familiären Verstrickungen, in denen ich aufwuchs, einfach nicht zu übersehen waren. Allen voran die Kontaktlosigkeit der großen Herkunftsfamilien untereinander, die mich als Kind vor ein Rätsel stellten, das mir von meinen Eltern nie zufriedenstellend beantwortet wurde. Lange hatte ich die Augen offen gehalten nach einer Chance Aufstellungen ‚in Gruppe‘ zu erleben, nachdem ich damit in heilpraktischen Einzelsitzungen experimentiert hatte. Noch vor 10 Jahren gab es in Leipzig wenige Möglichkeiten dieser Art. Nun, was soll ich sagen? Es fühlte sich wie Nach-Hause-Kommen an. Irgendwann nannte ich es ein WIEDER-ERINNERN, als würde mir eine Fähigkeit, Tätigkeit vor Augen geführt, die meiner Seele zutiefst vertraut war. Endlich ging es für alle Beteiligten um ein GANZHEITLICHES ERLEBEN in Therapie, kein Darüber-Denken, kein alleiniges Fühlen oder Assoziieren oder bloße Methoden-Durchführung. Anfangs war ich noch zaghaft mit der Äußerung all dessen, was ich als Stellvertreterin fühlte, hörte und sah, doch das Zutrauen wuchs rasch mit Bestätigung durch Klienten und Aufstellungsleiter. Nach und nach öffneten sich immer feinere und präzisere Kanäle der Wahrnehmung – was für eine Reise weit über die Grenzen dessen hinaus, was ich für möglich gehalten hätte im eigenen Erleben. Besonders kinästhetische Phänomene faszinierten mich, wie ich Bewegungen im Feld vorwegnehmen oder vorausahnen konnte, ohne sie mit Augen zu sehen.
Endlich war mir eine therapeutische Methode – die das Familienstellen ja ist – begegnet, gegen die ich keinen WIDERSTAND spürte. Was immer noch nicht bedeutete, dass ich mich selbst in irgendeiner fernen Zukunft als Familienaufstellerin sah. Zunächst einmal erfuhr ich darin extrem viel über mich und mein Herkunftssystem. Die Intuitionen zu meinen eigenen Kindern bestätigten sich, genauso wie die zu vielen meiner Schüler. Der Austausch mit Freunden, die ihre Themen mithilfe dieser Methode bearbeiteten, brachte große Erhellung. Ich wollte immer mehr darüber wissen, besuchte viele verschiedene Aufsteller und lernte unterschiedlichste Vorgehensweisen und Schwerpunkte kennen. Mein Fokus war interessanterweise nicht so sehr darauf gerichtet, ob meine eigenen Aufstellungen Heilung in mein System brachten, sondern ich war total konzentriert auf das zunehmende, erweiterte BEWUSSTSEIN, die Erkenntnisse über mein eigenes und anderer Familiensysteme. Das ‚genügte‘ mir auf eine, im Nachhinein auffallende Art.
Heute weiß ich, warum ich intuitiv so sehr auf dem Ziel der BEWUSSTSEINSARBEIT bestand für das, was ich geben WILL mit meiner Arbeit. Es ist genau das, was ich geben KANN. Erkenntnis aus Beobachtung und Erfahrung. „Ich hab’s mir nicht ausgedacht.“ oder „Manches schockierte mich anfangs auch.“ Inzwischen, um viele Erkenntnisse im Bereich ‚moderner‘, wissenschaftsnaher Spiritualität reicher, einer Spiritualität, deren Darstellung im öffentlichen Raum sich aus meiner Sicht enorm veränderte in den letzten 20 Jahren, und nach vielen Abenteuern in den Bereichen von Karma, Astrologie und Seelenplan, habe ich endlich für mich angenommen, dass es mir möglich ist, über BEWUSSTWERDUNG deines ‚Problems‘ in meinem Feld, Heilung ganz gezielt zu befördern, zu unterstützen. Lange Zeit dachte, glaubte und hoffte ich, dass dies für jeden Menschen so einfach wäre wie für mich. Ich ließ meine Themen aufstellen, wurde mir ihrer bewusst, und – zack – wenige Wochen darauf wusste ich nicht mehr, was das Anliegen gewesen war. Andere taten dasselbe wie ich (möglicherweise sogar beim gleichen Aufsteller), und es löste sich kaum etwas längerfristig.
Mittlerweile bin ich der Auffassung, dass VIELEN Menschen ein ähnlicher Zugang wie mir möglich wäre, so sie willens sind, sich auf den Weg zu begeben, jene unsichtbaren ‚Muskeln‘, die dafür nötig sind, zu trainieren.
– Dieser Punkt ist mir wichtig! Ich will ihn ‚intuitive empowerment‘ nennen; Menschen dabei zu begleiten in ihre individuelle, wahre GRÖßE zu gelangen, die sehr wahrscheinlich auch mit spezifischen heilerischen Potenzialen zu tun haben darf, so intendiert. –
Was ich nicht mehr glaube, ist, dass JEDER Mensch, auf diese Weise der BEWUSSTWERDUNG VON UNBEWUSSTEM, die Heilung anderer befördern kann. (Genauso wenig, wie ich nach vielen Jahren als Pädagogin glaube, dass grundsätzlich jede(r) Lehrer/-in werden kann.)
Was genau „tut sich durch mich hindurch“? Ich beobachtete lange und genau. Wenn sich die Essenz deiner Verstrickung bzw. die Dynamik innerhalb deines Familiensystems im Aufstellungsfeld herauskristallisiert hat, dann nehme ich diese in mein liebendes Gewahrsein, als würde ich mich eine Bewusstseinsebene ‚höher‘ eintunen. Auf dieser Ebene entspricht Liebe dem Prinzip der Einheit. Dort ist Liebe nicht allein Mitgefühl für dich und dein Thema, sondern Liebe führt in EINHEIT von etwas, das zuvor in TRENNUNG war. Jegliche Art von Konflikt ist ein Erscheinungsbild von Trennung. Indem ich die herausgearbeitete ‚Trennung‘ ganz bewusst für einige Zeit in meiner Aufmerksamkeit halte und mich innerlich an jenes Einheitsprinzip anbinde, passieren bereits merkliche kleine (body-)shifts im Feld, bei den Stellvertretern, dem Klienten. Entspannung tritt meist sofort ein.
Was hat dies nun mit der allseits propagierten Eigenverantwortung der Klienten zu tun, dem mehr oder minder ‚abstinenten‘ Therapeuten?
Nur, was dir bewusst ist, dafür kannst du Verantwortung übernehmen. Diese Arbeit dient vor allem DEINER Bewusstwerdung über dein Familiensystem. Wie du in Folge mit diesen Erkenntnissen umgehst, liegt allein in deiner Verantwortung. Als Aufstellerin bin ich nicht in der Lage und vor allem verfolge ich keinerlei Intention, etwas ans Licht des Bewusstseins zu „zerren“, was (noch) nicht gesehen werden will. Diese durchaus klar spürbaren Grenzen im Feld zu wahren, sehe ich als Teil meines ‚Jobs‘, meines in Ausbildung erworbenen Handwerkszeuges. Das, was ich unterstützend hinzugeben kann, wird wiederum nur auf fruchtbaren Boden fallen, wenn die Bereitschaft des gesamten Systems dazu besteht.
Mit viel Erfahrung und Know-How, meiner klaren Ausrichtung und besonders der intensiven Beschäftigung und Stärkung dessen, was durch mich wirken kann, lade ich dich herzlich ein, unser Feld zu erleben.